Elektrifizierung und Selbsthilfe
Eine römische Grossbaustelle
Als in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts nach Christus die Wasserleitung von Liestal nach Augusta Raurica entstand, mussten zahlreiche Menschen Hand anlegen. Bauarbeiter brachen Tausende von Kubikmetern Kalksteine aus der näheren Umgebung heraus und verarbeiteten sie zum Teil zu neun bis zehn Zentimeter hohen Handquadern. Zudem stellten sie rund 600 Kubikmeter gebrochene Ziegel und über 1200 Kubikmeter gebrannten Kalk her, welche Träger und Fuhrwerke zum 6,5 Kilometer langen Bauwerk heranschleppten. Aus den Kalksteinen errichteten die Maurer Fundament, Seitenwände und Gewölbe. Ziegel und gebrannter Kalk dienten als wasserdichte Kanalauskleidung, welche in mehreren Schichten aufgetragen wurden. Die Arbeiter, welche das Riesenwerk bauten, waren vermutlich in einzelne Trupps unterteilt, die an verschiedenen Abschnitten tätig waren. Jedenfalls weist die Leitung Knickpunkte auf, an denen sich geringfügige Unterschiede in der Bauweise erkennen lassen. Dennoch war die Wasserleitung eine Meisterleistung römischer Baukunst. Ingenieure hatten die Landschaft genau vermessen und das Bauwerk sorgfältig geplant. Ihre Pläne und Anweisungen sorgten dafür, dass sich die Leitung der Höhenkurve des rechten Ergolztal-Hanges anschmiegte und auf ihrer Gesamtlänge lediglich zehn Höhenmeter verlor. Das geringe Gefälle von nur 1,5 bis 2 Promille reichte aus, um dem Wasser die nötige Fliessgeschwindigkeit zu verschaffen. Im Durchschnitt dürften pro Sekunde gegen 300 Liter durch die Leitung geflossen sein, so dass den rund 20 000 Personen der Stadt Augusta Raurica in Bädern und an Brunnen täglich je rund 1200 Liter Wasser zur Verfügung standen.(1)
(1) Jürg Ewald/Martin Hartmann/Philippe Rentzel: Die Römische Wasserleitung von Liestal nach Augst, Liestal 1997