Machtloser Posamenterverband
Um zu verhindern, dass die Posamenterfamilien einander in den finanziellen und physischen Ruin trieben, führte der 1904 gegründete Posamenterverband zunächst Massnahmen zur Selbstkontrolle ein. Die angeschlossenen Dorfsektionen, meist identisch mit den örtlichen Elektragenossenschaften, einigten sich auf Höchstarbeitszeiten und übernahmen dorfweise deren Überwachung. Zudem organisierte der Verband eine interne Lehrlingsausbildung, welche die Qualität der heimindustriellen Produktion steigern sollte.(1) 1907 gehörten dem Verband 28 Ortssektionen und 1836 Mitglieder an. Damit vertrat er 77 Prozent der Heimwebstühle. Obwohl er eine moderate Haltung einnahm und bescheidene Forderungen stellte, war der Posamenterverband nicht in der Lage, sich gegenüber dem Verband der Seidenbandunternehmer als Verhandlungspartner zu behaupten. Zwar schien der «blinde Akkord» um die Jahrhundertwende aus der Übung gekommen zu sein und erklärten sich die Verleger 1907 bereit, einen Teil der Botenlöhne zu übernehmen, einen Lohntarif aber gaben die Unternehmer erst nach dem Ersten Weltkrieg bekannt.(2) Während der Kriegsjahre wagte der Posamenterverband, in Konkurrenz zu den Basler Verlagen eine Produktionsgenossenschaft zu gründen, welche Rohstoff, Produktion und Absatz in eigener Regie zu besorgen versuchte. Doch der Versuch endete im finanziellen Ruin, der zur vorübergehenden Auflösung des Verbandes führte. Da die Mitglieder solidarisch hafteten, zog die Liquidation der Selbstproduktion und des Verbandes viele Posamenterfamilien tief in die roten Zahlen.
(1) Fritz Grieder: Glanz und Niedergang der Baselbieter Heimposamenterei im 19. und 20. Jahrhundert, Liestal 1985, S. 188-190
(2) Fritz Grieder: Glanz und Niedergang der Baselbieter Heimposamenterei im 19. und 20. Jahrhundert, Liestal 1985, S. 173-198