Weniger Lohn als in der Fabrik
Obwohl die Posamenterfamilien selbst für die Investitionen in die Elektrifizierung ihrer Webstühle aufgekommen waren, blieb ihr Nettolohn unverändert.(1) In den Sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts hatten ausgelastete Heimarbeiterbetriebe 600 bis 800 Franken Jahreseinkommen erzielt. 1875 kamen sie auf durchschnittlich 900 Franken. Nach der Elektrifizierung, die kurz nach der Jahrhundertwende einsetzte, erhöhte sich dann der Stundenansatz. Da der Umfang der Aufträge jedoch nicht grösser wurde, sondern die Stühle einfach entsprechend längere Zeit stillstanden, konnten Posamenterfamilien auch 1906 bis 1908 lediglich Jahreseinkommen von maximal 900 bis 1100 Franken erzielen. Schon zu jenem Zeitpunkt erreichte aber nur noch weniger als die Hälfte der Heimarbeiterstühle eine maximale Auslastung von 240 Tagen.(2) Fabrikarbeiter in der Stadt hatten demgegenüber bereits 1892 für 279 Arbeitstage 1203 Franken Verdienst erhalten, und einer ihrer Baselbieter Kollegen wies im Fachblatt ‹Posamenter› für die Jahre 1897 bis 1900 einen Durchschnittsverdienst von 1026 Franken aus.(3) In ihrer Abhängigkeit waren viele Posamenter sogar bereit, den «blinden Akkord» zu akzeptieren. Das heisst, sie übernahmen einen Auftrag ohne Wissen darüber, was sie für die Arbeit lösen würden. Den Lohnansatz bekamen sie erst bei der Ablieferung der Ware mitgeteilt.(4)
(1) Fritz Grieder: Glanz und Niedergang der Baselbieter Heimposamenterei im 19. und 20. Jahrhundert, Liestal 1985, S. 166-173
(2) Fritz Grieder: Glanz und Niedergang der Baselbieter Heimposamenterei im 19. und 20. Jahrhundert, Liestal 1985, S. 79, 110, 159-160
(3) Emil Notz: Die säkulare Entwicklung der Kaufkraft des Geldes, Jena 1925; Der Posamenter. Obligatorisches Fachblatt des Posamenterverbandes, Liestal 1908
(4) Fritz Grieder: Glanz und Niedergang der Baselbieter Heimposamenterei im 19. und 20. Jahrhundert, Liestal 1985, S. 174-176