Heimarbeit neben Fabrikarbeit
Patriotische Gesänge
Zu klagen gab es nur eines, am Tag nach dem ersten Kantonal-Gesangsfest beider Basel 1924. Von den über 60 Verbandschören des Kantons Basel-Landschaft waren an jenem Wochenende des 28./29. Juni nämlich bloss 36 erschienen. Noch immer stellten diese aber bei weitem die Mehrheit der Teilnehmenden. Die Stadtbasler präsentierten nur 16 Vereine, was einem Chor auf rund 8800 Einwohner entsprach. Im Baselbiet war die Dichte fast achtmal höher. Gesang, zumal im Verein, hatte auf dem Land einen ungleich höheren Stellenwert als in der Stadt. Gesangsvereine waren wie Turn- oder Schützenvereine Teil einer politischen, liberalen Bewegung. Die Anfänge dieser Gesangskultur lagen im frühen 19. Jahrhundert.(1) 1831 gab der angehende Appenzeller Pfarrer Heim einen Gesangskurs in Sissach. Begeistert gründeten die Gelterkinder daraufhin einen Männerchor. Und schon ein Jahr später fand ein kantonales Gesangsfest statt. Es nahmen Vereine aus Waldenburg, Lausen, Itingen, Sissach und Zunzgen teil. Gemeinsames Vorbild dieser Gründungen war das Zürcherische Singinstitut, das H.G. Nägeli zwischen 1805 und 1824 leitete. In diesen Jahrzehnten schossen überall in der Schweiz Männerchöre empor. Im Baselbiet sorgten die Wirren der Kantonstrennung in den 1830er-Jahren für einen kurzen Dämpfer. Das zweite Kantonal-Gesangsfest fand erst 1839 statt, dafür waren es bereits 350 Mitwirkende. Sängerfeste und -fahrten kamen immer mehr in Mode.
(1) Max Gysin: Jubiläumsschrift zum hundertjährigen Bestehen des Kantonalverbandes basellandschaftlicher Gesangsvereine 1842-1942, Liestal 1942