Elektrifizierung und Selbsthilfe
Der Landesstreik
Die wirtschaftliche Not wurde im Laufe des Ersten Weltkriegs immer drückender, im letzten Kriegsjahr erreichte sie ihren Höhepunkt. Zu ihrer Linderung wurde im Februar 1918 beispielsweise in Allschwil eine Volksküche eingerichtet. Im selben Jahr traf die Grippe in zwei Wellen auf eine durch mangelhafte Ernährung ohnehin geschwächte Bevölkerung. Im Baselbiet waren insgesamt 15 487 Grippefälle zu verzeichnen, 430 Menschen starben. In der Liestaler Kaserne und in Schulhäusern, zum Beispiel in Pratteln, wurden Notspitäler eingerichtet; wegen der Ansteckungsgefahr fiel der Schulunterricht wochenlang aus. Die Verschlechterung der sozialen Lage radikalisierte die Arbeiterschaft. Am 9. November 1918, dem Tag des Waffenstillstandes, kam es in der Schweiz zu einem landesweiten Proteststreik. An diesen schloss sich während dreier Tage ein Generalstreik an, der weite Teile des Landes erfasste. Die Forderungen der Streikenden zielten nicht auf einen revolutionären Umsturz ab, sondern auf soziale Verbesserungen, die Einführung der 48-Stunden-Woche, der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), des Frauenstimmrechts. Die Beteiligung im Baselbiet beschränkte sich vor allem auf die industrialisierten Gemeinden des unteren und mittleren Kantonsteils. Im Raum Pratteln etwa wurden 30 Betriebe bestreikt. Der Streik wurde nach drei Tagen durch einen Entscheid auf nationaler Ebene abgebrochen, daran hielten sich auch die Baselbieter Streikenden.(1)
(1) Ruedi Brassel: Vor 80 Jahren November 1918. Der Landesstreik in Pratteln, in: es’Prattlet 6, November 1998