Leben vom Weben
Erziehung zur Hausfrau
«Des Mannes Haus ist die Welt und des Weibes Welt ist das Haus», formulierte Schulinspektor Johannes Kettiger in einer Rede 1854.(1) Ähnliche programmatische Parolen lassen sich in reichem Masse finden. Während die Männer für die Arbeitswelt zu erziehen waren, sollten die Frauen für den «Hausfleiss» geübt werden. So sah es Johann Kettiger in Fortschreibung der Lehre, wie sie von Jean-Jacques Rousseau und Kettigers besonderem Vorbild, Johann Heinrich Pestalozzi, vertreten worden war. Letzterer hatte in seinen Romanen ‹Lienhard und Gertrud› und ‹Wie Gertrud ihre Kinder lehrt› ähnlich wie Rousseau in ‹Emile› die Rolle der Frau klar umrissen. Mädchenbildung sollte keine intellektuellen Höhenflüge ermöglichen, sondern die Gemütskraft pflegen. Frauen galten als intuitive, emotionale, Männer als vernunftbegabte Wesen. Die Erziehung der Mädchen hatte zum Ziel, aus den Töchtern der Unter- und Mittelschichten bescheidene, arbeitsfreudige Dienstbotinnen zu machen. Dazu mussten ihre Liebe zur Ordnung wachgerufen, ihre Geschicklichkeit trainiert und ihre hauswirtschaftlichen Kenntnisse gepflegt werden. Um diese Ziele zu erreichen, sollten hauswirtschaftliche Kurse oder Hauswirtschaftsschulen eingerichtet werden. Neben den spezialisierten Tätigkeiten sollten die jungen Frauen auch in allgemein bildenden Fächern unterrichtet werden. Auf Kettigers Anregung erliessen Landrat und Regierungsrat 1840 das Gesetz über die Errichtung von Arbeitsschulen. Ein Lehrplan erschien aber erst 14 Jahre später.
(1) Ernst Martin: Johann Heinrich Pestalozzi und die alte Landschaft Basel, Liestal 1986, S.293