Kapital aus der Stadt
Schule schwänzen
Mit Romantik hatte der Schulalltag im 19. Jahrhundert wenig zu tun. Dass der Unterricht geschwänzt wurde, hatte meist handfeste Gründe, wie folgendes Schreiben zeigt: «Liestal, den 16. März 1896. An das Polizeidepartement Basel-Stadt. Sehr geehrter Herr Regierungsrat. Es kommt vielfach vor, dass Arbeitgeber der Stadt Basel Schüler aus den der Stadt benachbarten basellandschaftlichen Dörfern in Arbeit einstellen, ohne dass diese Schüler der Schule entlassen sind. So sind gegenwärtig folgende Schüler aus Allschwil in Basel in Arbeit: 1. Joh. Kugler bei Baumeister Petitjean, 2. Joh. Stöcklin bei Baumeister Heinrich Damm, Burgunderstrasse, 3. Albin Haberthür bei Baumeister Petitjean, 4. Rosa Fäck in der Fabrik Von der Mühll, Spitalstrasse, 5. Josephine Werdenberg, 6. Bertha Kenk, 7. Anton Böhler, bei Lithograph Peter, St. Peterskirchplatz. Alle diese Schüler haben noch bis Mitte April die Schulen in Allschwil zu besuchen. Sie würden uns sehr zu Dank verpflichten, wenn Sie dahin wirken könnten, dass Arbeitgeber in der Stadt Basel solche noch schulpflichtigen Kinder nicht in Arbeit einstellen dürften. Wir benützen diesen Anlass, Sie unserer vorzüglichen Hochachtung zu versichern.» Schuleschwänzen, «neben die Schule laufen», war nicht deswegen gebräuchlich, weil die Menschen des 19. Jahrhunderts besonders disziplinlos und bildungsfeindlich gewesen wären, sondern allein deshalb, weil die Kinderarbeit einen bitter nötigen Zuschuss zum elterlichen Einkommen bedeutete.