Ergänzender Artikel zu:
Im Zeichen der Heimat

Kritik und Freiräume

Eine weibliche Berichterstatterin hielt die ersten schweizerischen Frauenturntage, 1932 in Aarau, folgendermassen fest: «Aus dem Blumenfeld lösen sich Tausende von Armen und recken sich empor und breiten sich aus. Es beginnt ein Wogen und Wiegen, ein Beugen, Schwingen und Strecken, eine wunderbare Bewegtheit und doch ein geschlossener Wille zur Einheit. Bald ist es wie ein mit blauen Blumen besetztes, vom Wind bewegtes Ährenfeld, bald wie ein gewaltiger Teppich blauer Enzianen auf grünem Grund; immer bietet sich dem Auge ein neuer Anblick dar, der restlos entzückt. Wie sich die geschmeidigen Körper tief zur Erde neigen, als wollten sie sich zu einem gemeinsamen Gebet vereinigen, ergreift die Zuschauer spontaner Jubel.» Die Schilderung aus Frauensicht zielte, anders als jene männlicher Zeitgenossen, nicht auf erotische Bilder ab. Andere Kreise hingegen betonten die Attraktivität der Turnerinnen – und kritisierten sie. Vorab in kirchlichen Organen wurde viel Kritik laut, die teilweise das Nacktturnen schon vor den Toren Basellands wähnte und noch mehr auf den schlechten Einfluss hinwies, der von der Freizügigkeit der Turnerinnen und Turner ausgehe, wenn diese sonntags übers Land zögen und an stark begangenen Spazierwegen halb nackt und erst noch Männlein und Weiblein zusammen Sonnenbäder nähmen. Aller Kritik und allen Widerständen zum Trotz: Die Turnkleidung der Frauen wurde im 20. Jahrhundert immer knapper und körperbetonter, auch deshalb, weil sich die Frauen – gerade über den Sport – eigene Freiräume schufen.(1)

(1) Eva Herzog: Frisch, frank, fröhlich, frei. Frauenturnen im Kanton Basel-Landschaft, Liestal 1995; Hans Keller: 100 Jahre Kantonalturnverein Baselland 1864-1964, Liestal 1964

Zum Thema

Porträt Schriftstellerin Helene Bossert, 1973

 
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