Ergänzender Artikel zu:
Versorgungskrisen

Land der Gemeinden

Es sei, schrieb Daniel Bider 1873, «der Gemeindesinn bei unsern Bürgern unzweifelhaft viel stärker entwickelt als der Sinn für das Staatswesen». Bider wusste, wovon er berichtete. Er war in den 1850er-Jahren als Regierungsrat für die Gemeinden verantwortlich. Den überwiegenden Teil öffentlicher Angelegenheiten erledigten damals die Gemeinden in eigener Regie. Einer seiner Amtsnachfolger, Jakob Christen, zählte 1860 im ganzen Kanton 1404 Gemeindeversammlungen, welche 2180 Beschlüsse fassten. Im Schnitt führte eine Gemeinde pro Jahr 19 Gemeindeversammlungen durch, wobei sie jedes Mal über ein bis zwei Geschäfte entschied. Die Unterschiede waren allerdings beträchtlich. So ärgerte sich Regierungsrat Christen über Gemeinden, die pro Jahr nur drei bis vier Beschlüsse fassten oder lediglich sechs bis sieben Gemeindeversammlungen durchführten. Die Gemeinden beanspruchten im 19. Jahrhundert weitgehende Autonomie. Die Verfassung übertrug dem Regierungsrat zwar die Oberaufsicht über ihre Verwaltung. So wollte er über das Steuerwesen orientiert sein, und kein Reglement durfte ohne seine Zustimmung in Kraft treten. Doch die Kontrolle des Kantons war locker. Erstens fehlten klare rechtliche Auflagen. Zweitens mangelte es ihm an Personal. Drittens erfuhr er meist erst im Nachhinein von Unregelmässigkeiten. «Die Gemeinden taten, wie sie wollten», beklagte sich Regierungsrat Daniel Bider. Erst das Gemeindegesetz von 1881 konkretisierte und stärkte die Oberaufsicht des Regierungsrates.

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