Agrarrevolution und Selbstversorgung
Im Grunde genommen ist es erstaunlich: Die Industrie wird mit Veränderung, Wandel und Neuem gleichgesetzt, die Landwirtschaft dagegen verkörpert Kontinuität, Beharren und Tradition. Dabei würde ein Bauer von heute seinen Berufskollegen des beginnenden 19. Jahrhunderts kaum wieder erkennen können. Zu gross sind die Unterschiede zwischen ihnen geworden. Derart viel hat sich im Laufe der letzten 200 Jahre gewandelt. Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert begann sich die Landwirtschaft in der Umgebung Basels zu ändern. Dabei spielte die 1804 erreichte Möglichkeit eine Rolle, sich von Bodenzinsen und Zehnten loszukaufen. Man bezeichnet jene Zeit der Jahrhundertwende als Agrarmodernisierung oder gar als Agrarrevolution und meint damit, dass für die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens neue Rahmenbedingungen entstanden. Als Ausdruck des weit verbreiteten Änderungswillens kann der 1818 gegründete Landwirtschaftliche Verein angesehen werden. Im grossen Ganzen war die Baselbieter Landwirtschaft jedoch noch immer eine Subsistenzwirtschaft: Die Bauernfamilien verkauften nur, was als Überschuss anfiel. Die meisten der von ihnen produzierten Güter verwendeten sie selbst. Vor allem im oberen Kantonsteil breitete sich die Posamenterei immer mehr aus. Sie schuf zusätzliche Verdienstmöglichkeiten, erhöhte das Mass der Arbeitsteilung und drängte die normale Landwirtschaft zurück. Umgekehrt wuchs bei den Posamenterfamilien die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Gütern, und es gab daher einen guten Absatzmarkt. Ihr Verdienst erlaubte ihnen, den Lebensbedarf in zunehmendem Umfang über den Markt zu decken.