Ergänzender Artikel zu:
Das Kriegsende 1945

Neutrale Reden

Die offizielle Neutralitätsdoktrin der Schweiz während des Zweiten Krieges setzte sich fort bis in die Neutralisierung der Sprache. Hörbar wurde dies in den Reden zum Kriegsende 1945.(1) Landratspräsident Walter Degen dankte in seiner Rede an der Parlamentssitzung vom 8. Mai 1945 zuerst «der göttlichen Vorsehung» für die Bewahrung der Schweiz vor dem Krieg und dem «Herrgott» dafür, «dass er dem Kriege ein Ende setzte und dass endlich diese grauenvollen, von entseelten Menschen geführten Morde beendet sein sollen». Auffallend ist, dass Degen es vermied, irgendwelche Akteure des Weltgeschehens zu benennen. Auch dort, wo er der Toten des Kriegs gedachte, erschienen sie als Opfer ohne Täter. So sprach Degen bloss allgemein von jenen, die «in Erfüllung ihrer militärischen oder zivilen Pflicht oder als Opfer der Kriegshandlungen ihr Leben haben lassen müssen». Auch Bundesrat Eduard von Steiger brachte es in seiner Radioansprache vom 8. Mai fertig, weder Deutschland und den Nationalsozialismus noch den Faschismus beim Namen zu nennen. Genausowenig war von den Alliierten oder von den jüdischen und anderen Opfern die Rede, auch nicht von den systematischen Massenmorden am jüdischen Volk und an anderen Verfolgten. Nur wenige Redner wie etwa der baselstädtische sozialdemokratische Regierungspräsident Brechbühl gingen über die offiziöse Sprachregelung von der «Verschonung» der Schweiz hinaus und würdigten die Leistung der Alliierten.

(1) Ruedi Brassel: «Das Schweizerhaus muss sauber sein.» Das Kriegsende 1945 im Baselbiet, Liestal 1999, S. 37ff.

Zum Thema

Lebensmittelrationierung, 1948

Beseitigung der Tankfallen in Liestal, ca. 1945

 
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