Staatliche Streitschlichtung
In der modernen Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts trat die Auseinandersetzung zwischen Industrieunternehmern und ihrer Arbeiterschaft in den Vordergrund. Diese Streitparteien waren nicht mehr lokal verankert wie vordem Bauern und Tauner. Auch gaben die Gemeinden nicht mehr den Rahmen ab, in dem deren Gegensätze auszutragen waren. In industriellen Konflikten traten die Klassengegensätze deutlicher hervor, Bindungen innerhalb einer Klasse spielten eine grosse Rolle. Demgegenüber waren in traditionellen Auseinandersetzungen die sozialen Gegensätze von dörflichen und familiären Bindungen überlagert gewesen. Mit so genannten Kollektivstreitigkeiten, welche in Streiks und Aussperrungen mündeten, waren die herkömmlichen Verfahren, Konflikte auszutragen, überfordert. «Unter Kollektivstreitigkeiten sind Differenzen zu verstehen, die sich aus den entgegengesetzten Interessen der Arbeitgeber und der Arbeiter in den Arbeitsbedingungen sowie in der Auslegung und Ausführung von Gesamtarbeits- oder Normalarbeitsverträgen ergeben», hielt Paragraph 2 des Regierungsratsbeschlusses vom 9. März 1918 zur Errichtung eines kantonalen Einigungsamtes fest. Kurz zuvor hatte der Bundesrat das Fabrikgesetz aus dem Jahre 1914 in Kraft gesetzt, das solche kantonalen Einrichtungen vorsah. Mit seinem Beschluss führte der Baselbieter Regierungsrat den Auftrag des Bundes aus. Die kantonalen Behörden erhielten damit ein Instrument, mit dem sie bei Kollektivstreitigkeiten schlichtend eingreifen konnten.