Ergänzender Artikel zu:
Zunahme der sozialen Not

Selbstausbeutung

Obwohl viele Posamenterfamilien zusätzliches Land um den Preis höherer Verschuldung erwarben, war dieses Verhalten in ihrer familienwirtschaftlichen Denkweise rational. Mochte das Land auch extensiv genutzt werden, es bot jederzeit die Möglichkeit, das landwirtschaftliche Standbein des Familienbetriebes zu verstärken und einen länger dauernden Verdienstausfall in der Posamenterei aufzufangen.(1) Eine weitere Möglichkeit, auf den Konkurrenzdruck der Bandfabriken zu reagieren, war die Erhöhung der Arbeitszeit. Für die Fabrikbetriebe hatte das Gesetz 1868 die Kinderarbeit sowie die Nachtarbeit der Erwachsenen eingeschränkt. Die Heimarbeit aber blieb auch weiterhin ungeregelt. Dort konnten sowohl Kinder eingesetzt als auch Tag- und Nachtarbeit geleistet werden. Beobachter der Heimindustrie beschrieben Anfang des 20. Jahrhunderts, wie «Söhne, Töchter oder Grosseltern [...] ohne besonderes Entgelt» zum Einsatz kamen, und 1909 registrierte ‹Der Posamenter, das Obligatorische Fachblatt des Posamenterverbandes von Baselland›, in Gemeinden, die dem Verband noch nicht angeschlossen waren, 16- bis 18-stündige Arbeitstage.(2)

(1) Ruedi Epple/Albert Schnyder: Wandel und Anpassung. Die Landwirtschaft des Baselbiets im 19. Jahrhundert, Liestal 1996, S. 169-272

(2) Fritz Mangold: Die Seidenbandweber in Basel-Land, in: J. Lorenz (Hg.): Die Heimarbeit in der Seidenbandweberei, Zürich 1910, S. 39; Der Posamenter. Obligatorisches Fachblatt des Posamenterverbandes, Liestal 1909

 

Zum Thema

Steuerwiderstand, 1928

Porträt zwei Arbeitsloser, 1984

 
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