Rundgang

Ländliche Kulturformen

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Formen von Gewalt

«Wurst heraus, Wurst heraus,/Glück und Heil in diesem Haus!/D’Sau die het e grosse Chopf,/S’git de Jude en Opferstogg;/D’ Sau die het gar grossi Ohre,/D’Jude sel der Teufel hole;/D’Sau die het e grosse Mage,/Gänt is, was mer möge trage;/[…] D’Sau die het so chrummi Chnie,/Gämmer e weni vom rothe Wi;/D’Sau, die het es grosses Loch, / Wo me de Jude d’Suppe chocht.»(1) So sangen die Buben und Mädchen in Ettingen 1860, wenn sie an den Metzgeten um Würste anhielten. Gewalt und Fremdenfeindlichkeit waren prägende Merkmale dörflichen Lebens. Zahlreiche Bräuche enthielten symbolische Gewalthandlungen. Bei Heischebräuchen wie dem Mittfastensingen etwa sparten die jungen Ledigen nicht mit versteckten Drohungen, um ihren Anteil zu erhalten. Und wenn die Knabenschaft dem Hochzeitspaar ein Seil über den Weg spannte, bestätigte sie ihre Rolle als Wächterin über die Geschlechterbeziehungen. Kiltgänger aus anderen Gemeinden, die möglicherweise eine Braut wegheiraten könnten, wurden von den Burschen in den Dorfbrunnen geworfen. Auch beim Dreschen gab es mehr oder weniger handfeste Spässe, bei denen Neulinge den Meister gezeigt bekamen. Solche Formen symbolischer Gewalt waren Teil einer dörflichen Konfliktkultur. Sie dienten dazu, soziale Spannungen im Innern zu regulieren und das Dorf gegen Aussen, das heisst gegen Fremde und gegen die Obrigkeit, abzugrenzen.

(1) Eduard Strübin: Baselbieter Volksleben, Basel 1952, S. 58

Ergänzende Texte zum Thema
Autor: Daniel Hagmann; Redaktion: Daniel Hagmann
www.geschichte.bl.ch, Kategorie: Kultur, Rundgang: Ländliche Kultur
Dieser Text stammt aus: Nah dran, weit weg. Geschichte des Kantons Basel-Landschaft, Band fünf, Liestal: Verlag des Kantons Basel-Landschaft 2001 (Kapitel Ländliche kultur im Wandel, S. 105-116).
Zum Thema

Hausmetzgete in Lupsingen, 1950

Metzgete in Rünenberg, ca. 1972

 
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