Wirtschaftsflüchtlinge
«In dem bis jetzt verflossenen Jahre», schrieben die Basler Nachrichten am 8. Dezember 1881, «kamen in den Vereinigten Staaten 669 431 Auswanderer an, davon 240 431 aus Deutschland, 153 718 aus Grossbritannien und Irland, 49 760 aus Schweden, 22 705 aus Norwegen, 15 382 aus Italien, 11 390 aus China und 11 293 aus der Schweiz.» Die Schweizer Auswanderinnen und Auswanderer stellen somit am Ende des Jahres 1881 ein Potential dar, das jenem der Chinesinnen und Chinesen und jenem der Italienerinnen und Italiener, zweier klassischer amerikanischer Immigrantengruppen, an Grösse gleichkam. Urteilt man lediglich nach diesen Zahlen, dann könnte es scheinen, als wäre die Auswanderung nach Amerika eine vergnügliche Reise gewesen. Der Schein trügt. Nach den Vereinigten Staaten von Amerika aufzubrechen, war – vielleicht mit Ausnahme der wenigen Jahre des Goldrauschs – keine verlockende Perspektive. Viele versuchten den Aufbruch einfach aus der Auswegs- und Hoffnungslosigkeit in ihrer Heimat. Die Rettung suchten sie in Amerika. Dieses Land hielt in ihren Augen ein enormes Wachstumspotential, unermesslich viel Territorium und viele Träume bereit. Konkrete Vorstellungen, was aus ihnen werden sollte, hatten die wenigsten. Sie erwarteten nur, dass das Neue ihnen ein etwas besseres Auskommen bescheren würde als das Bisherige. Sie waren Wirtschaftsflüchtlinge.