Ergänzender Artikel zu:
Verwaltung der Armut

Soziale Disziplin

Zwei Aspekte prägten die Armenpolitik im 19. Jahrhundert. Einerseits wurde viel mehr als früher die soziale Sicherheit zur Aufgabe staatlicher Aktivitäten und anderseits musste auch ihr Pendant, die soziale Disziplin, durchgesetzt werden. Wie auch immer man den Armen im 19. Jahrhundert begegnete, stets waren diese beiden Elemente von eminenter Wichtigkeit. Soziale Disziplin bedeutete in der Folge Kontrolle, bürokratische Verwaltung und Entscheide, legislative, exekutive und judikative Tätigkeit der staatlichen Instanzen und ihren Ausbau. Damit verbunden war aber auch – und dies ist ganz wesentlich – die Individualisierung des Problems, und damit auch nichtstaatliche, so genannte gute und gemeinnützige private Milderungsunternehmen, Stigmatisierung der Betroffenen, rigide Ausgrenzung der nicht Besserungsfähigen oder -willigen. Um dies zu ermöglichen, brauchte es die Verinnerlichung der bürgerlichen Selbstdisziplin: die individuelle Anstrengung zur Besserung, um die drohende Ausgrenzung zu vermeiden. Das 19. Jahrhundert ist voll solcher Versuche, diese Disziplin durchzusetzen, die heute noch jede moderne Sozialpolitik als Grundannahme voraussetzt.

Zum Thema

Alter Schpittel Liestal, 1955

Video Clip - Kurt Lüthy, der letzte Armeninspektor des Baselbiets

 
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