Rundgang

Risikogesellschaft

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Aufwachen in der Risikogesellschaft

Um 3.43 Uhr in der Nacht auf Allerheiligen 1986 weckten die Sirenen Muttenz. Lautsprecherwagen fuhren durch die Quartiere: «Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei. Bitte schliessen Sie Fenster und Türen und bleiben Sie in den Gebäuden. Schalten Sie Radiogeräte ein und hören Sie die Programme von Radio DRS oder von Radio Basilisk.» In nordöstlicher Richtung flammte der Himmel. Ostwind trieb übel riechende Rauchschwaden vor sich her. Über Radio DRS unterbrach Andrea Müller seit 2.37 Uhr immer wieder die Sendung Nachtclub. Er war einer der ersten Journalisten vor Ort und meldete den Brand der Lagerhalle 956 der Firma Sandoz in Schweizerhalle. Schwefeldioxyd, Stickstoff und Phosphor entweiche in die Luft. «Keine Panik. Türen und Fenster schliessen. Radio hören», beruhigte er die aufgeschreckten Zuhörerinnen und Zuhörer. In der Stadt und ihrer Agglomeration liefen die Telefone heiss. Einige Stunden erstarrte ein Teil der Region Basel in Angst und Schrecken. Den Endalarm morgens um sieben Uhr nahmen die meisten Menschen erleichtert entgegen. Als Industriegesellschaft eingeschlafen, erwachten die Menschen der Region am Morgen des 1. November 1986 als Risikogesellschaft. Die Katastrophe in Schweizerhalle brachte über Nacht zu Bewusstsein, dass man nicht nur in Wohlstand, sondern auch in Gefahr lebte. Der Sandoz-Brand von 1986 war ein Schock. Der reale Einstieg in die Risikogesellschaft verlief allerdings weit sanfter und hatte schon früher begonnen.

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Autor: Ruedi Epple; Redaktion: Daniel Hagmann
www.geschichte.bl.ch, Kategorie: Gesellschaft, Rundgang: Risikogesellschaft
Dieser Text stammt aus: Nah dran, weit weg. Geschichte des Kantons Basel-Landschaft, Band sechs, Liestal:Verlag des Kantons Basel-Landschaft 2001 (Kapitel Risiko - Kehrseite des Wohlstands, S. 207-226).
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