Ergänzender Artikel zu:
Völkerfrühling in Europa

Traditionelle Krisenbewältigung

Die Armenfürsorge überliess die Baselbieter Regierung im 19. Jahrhundert ganz den Gemeinden. Auch im neuen, im eigenen Kanton hatten sich die traditionellen Positionen zu den Armen und der Armenfürsorge kaum gewandelt. Arme standen jederzeit und überall im Verdacht, als Folge von Müssiggang und eigener Liederlichkeit arm zu sein. Hilfe und Unterstützung wurden als Barmherzigkeit und Almosen verstanden. Es gab keinen Rechtsanspruch darauf. Die Hauptlast der Armenunterstützung lag bei den Gemeinden. Als sich beispielsweise die Versorgungskrise im Herbst 1846 zuspitzte, schärfte die Regierung den Gemeinden ihre Pflichten mit Nachdruck ein: Gemeinderäte oder Delegierte wurden Anfang Oktober 1846 in jedem Bezirkshauptort versammelt und von einem eigens entsandten Regierungsrat daran erinnert, dass sie, wenn die Unterstützung der Armen nicht freiwillig geschehe, obligatorisch dazu angehalten würden. Nach Auffassung der Regierung mussten die Gemeinden die Armen unterstützen, ob sie nun dafür Geld hatten oder nicht. Die Eingriffe der Regierung wurden von den Gemeinden als Einmischung der kantonalen Instanzen in ihre ureigensten Angelegenheiten angesehen, denn, so empfand man, es könne «die unentgeltliche Austeilung von Lebensmitteln an Einsassen», das heisst also an Nicht-Gemeindebürger, «auch wenn in den Grundsätzen der Menschlichkeit liegend, doch keineswegs irgendwelchen Gemeinden zur Pflicht gemacht werden».(1) Die Regierung betonte auch die Pflicht aller Menschen zur Selbsterhaltung. Zudem ermahnte sie die Reichen, die Armen zu unterstützen, und die Armen, die Spendefreudigkeit der Reichen zu schonen.

(1) Ruedi Epple/Albert Schnyder: Wandel und Anpassung. Die Landwirtschaft des Baselbiets im 19. Jahrhundert, Liestal 1996, S. 182

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