Ergänzender Artikel zu:
Politische Gleichheit

Clanpolitik

Die Baselbieter Gemeinden waren im 19. Jahrhundert von ausgeprägten sozialen Unterschieden und Abhängigkeitsverhältnissen durchzogen. Nicht allein der politische Standpunkt, nicht nur das Abwägen von Vor- und Nachteilen einer Vorlage, auch wirtschaftliche Interessen, die soziale Stellung eines Stimmbürgers sowie Klientelbeziehungen innerhalb der Gemeinde beeinflussten das Abstimmungs- und Wahlverhalten. Neben wirtschaftlicher Abhängigkeit konnten in kleinen Dörfern auch familiäre Beziehungen so prägend wirken, dass die Gemeinden in zwei verfeindete Lager oder Clans zerfielen. 1890 registrierte die Gemeindeinspektion der Direktion des Innern, in einzelnen Gemeinden ständen sich Parteien ziemlich schroff gegenüber, die sich nach Familie und Verwandtschaften trennten: «Ein oder zwei Amtsperioden regiert die eine Partei, d.h. hat alle oder die Mehrzahl der Gemeinde-Ämter besetzt; dann gelingt es etwa der andern Partei, wieder die Oberhand zu gewinnen und für 3–6 Jahre die hauptsächlichsten Gemeindeämter an sich zu ziehen. Jeweilen auf die Neuwahlen hin tritt daher, mag auch in der Zwischenzeit Ruhe und Eintracht scheinbar geherrscht haben, der alte Hass und das Bestreben zu Tage, die am Ruder befindliche Partei wegzudrängen.»(1) Einen Abstimmungs- oder Wahlkampf gewann also nicht in erster Linie diejenige Seite, welche die besseren Argumente oder Kandidaten hatte, sondern jene, welche über ihre Netzwerk- oder Klientelbeziehungen am meisten Anhänger mobilisieren konnte.

(1) Amtsbericht des Regierungsrates 1890, S. 24

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