Ergänzender Artikel zu:
Der Schwung ging verloren

Heiratsverbot

Beabsichtigten zwei Mittellose oder auch nur potentielle Arme miteinander die Ehe einzugehen, so war dies für die Behörden der Heimatgemeinde des Mannes immer ein Grund zu erhöhter Wachsamkeit. Armenangelegenheiten waren schliesslich Sache der Gemeinde. Sie hätte die Armenfürsorge übernehmen müssen. Und diese Belastung der Gemeindekasse scheuten die Gemeindevertreter wie der Teufel das Weihwasser. Ledige hingegen mussten für sich selbst sorgen. Die Beschränkung beziehungsweise das Verbot einer Ehe war während des 19. Jahrhunderts ein gebräuchliches Mittel, die Armenkasse der Gemeinde zu schonen.(1) Die Eheschliessung galt nicht als persönliche Angelegenheit zweier Personen und ihrer Angehörigen, sondern stand im Brennpunkt des Interesses der ganzen Gemeinde. Die Gemeinderäte hatten darüber zu wachen, dass die Ausgaben der Gemeinde nicht zu gross wurden. Jede Unterstützung, welche die Gemeinde an Bedürftige und ihren Nachwuchs ausrichten musste, wurde zum Kostenfaktor in der Gemeinderechnung. Diese Belastung war mit unterschiedlichen Höhepunkten das ganze 19. Jahrhundert über nicht zu vernachlässigen. Vor allem kleinere, ärmliche Gemeinden hätten oft mehr ausgeben können, als sie überhaupt einnahmen. Die Gemeinden befanden sich in einer misslichen Situation. Dabei sahen sie sich als Hauptbetroffene, als federführend und daher als autonom an und wehrten sich nicht selten gegen den Regierungsrat, welcher, wenn eine Beschwerde gegen das Heiratsverbot anstand, das letzte Wort hatte.

(1) Annamarie Ryter: «Als Weibsbild bevogtet». Zum Alltag von Frauen im 19. Jahrhundert, Liestal 1994, S. 101-117 und 127-146

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