Ergänzender Artikel zu:
Die Akteure der Demokratiebewegung in den 1850er- und 1860er-Jahren

Innerdörfliche Gegensätze

Das ganze Hauswesen seiner Eltern sei erschüttert gewesen, schrieb Martin Birmann, geborener Grieder, in seinen Lebenserinnerungen. Erst als Bauer Jakob Meyer seinen Zorn zügelte, sei wieder Ruhe eingekehrt. Der Grund der Missstimmung zwischen Familie Grieder und Bauer Meyer war eine innerdörfliche Auseinandersetzung: Nach den Trennungswirren von 1830-1833 stritten sich in Rünenberg Bauern und Tauner. Die Bauern gehörten der wohlhabenden dörflichen Oberschicht, die Tauner, die über keine Zugtiere verfügten, der armen Unterschicht an. Die meisten Bauern setzten sich für die Aufhebung der Allmend ein. Sie besassen genug eigenes Land und waren nicht auf den allgemeinen Weidgang angewiesen. Die Tauner aber waren oft nur dank der öffentlichen Weide in der Lage, eine Kuh zu halten. Tauner Johannes Grieder wagte es nun, an einer Gemeindeversammlung für die Interessen der Tauner einzutreten. Das ärgerte Bauer Meyer. Denn Grieder war sein Tauner. Nach alter Gewohnheit pflügte Meyer mit seinem Pferdegespann Grieders Acker, fuhr für ihn ins Holz und holte ihm Heu und Garben vom Feld. Im Gegenzug stand Grieder beim Heuet, bei der Ernte und beim Dreschen Meyer als Taglöhner zur Verfügung. Zwischen beiden bestand Abhängigkeit, wobei der Bauer am längeren Hebel sass. «Der Bauer hielt darauf», schrieb Martin Birmann, «dass der Tauner an der Gemeinde-Versammlung […] durch blosse Zustimmung seine, des Bauern Meinung, unterstützen sollte. Eine selbständige Stimme oder gar ein Widerspruch des Tauners war ihm undenkbar.»(1)

(1) Martin Birmann: Lebensbild. Blätter der Erinnerung, Liestal 1990, S. 19-20

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