Ergänzender Artikel zu:
Elektrifizierung und Selbsthilfe

Konstruktion von Identität

Vieles, was als typisch baselbieterisch gilt, hat in der heutigen Form eine kurze Geschichte. So zum Beispiel die Baselbieter Tracht: 1891 fand in Liestal die kantonale Gewerbeausstellung statt. «Um dem Ganzen einen spezifisch baselbieterischen Anstrich zu geben», so die Komiteemitglieder, sollten die Kellnerinnen «in der alten Baselbietertracht servieren»(1). Nun waren solche aber kaum mehr zu finden und schliesslich musste man eine etwas modernisierte Version aus Bad Schauenburg ausleihen. Schon um 1870 waren Trachten aus dem Alltag verschwunden, ausser bei Fasnachtsveranstaltungen. Für das gesamtschweizerische Trachtenfest von 1925 wurden im ganzen Oberbaselbiet Trachtenteile aus Truhen zusammengetragen. Die erste Trachtengruppe des Baselbiets entstand 1926 in Sissach, bald folgten andere Gemeinden nach. 1932 erschien in Liestal eine Broschüre mit Anleitungen zur Neuanfertigung der «Baselbietertracht». Nach historischen Vorlagen wurde eine Sommertracht kreiert, mit leichteren Stoffen und neuen Farben. Anstelle der früheren regionalen Vielfalt von Trachten unterschied man nun bloss zwischen Birsecker und Baselbieter Tracht. Auch im Laufental bestimmte die 1936 gegründete Trachtenvereinigung, die alte städtische Tracht gelte für alle Gemeinden des Tals. Ihren Höhepunkt fand die Trachtenbewegung an der eidgenössischen Landesausstellung von 1939. Die Baselbieter Tracht gehörte nun, zusammen mit Chienbesen, «Chirsi» und Posamenterei, zum öffentlich vorgeführten Selbstbild des Baselbiets.

(1) Eduard Strübin: Womit werden wir uns kleiden? Von alten und neuen Grundstoffen, in: Baselbieter Heimatblätter 62, 1997, Nr. 2, S. 63

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