Ergänzender Artikel zu:
Die ersten Seidenbandfabriken

Idealisierung der Vergangenheit

Ob an der schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit 1928, dem eidgenössischen Trachtenfest 1951 in Luzern oder an der OLMA 1982: Das so genannt traditionelle Brauchtum war zum unverzichtbaren Markenzeichen des Kantons geworden.(1) Wie auch in anderen Kantonen war dieses Bild ländlich-bäuerlicher Identität im Grunde eine Erfindung von oben. Es entsprang dem Versuch gebildeter Kreise, die sich rasch wandelnde Kultur der bäuerlichen Bevölkerung zu verschriftlichen und als Tradition zu fixieren. Erste Bemühungen sind schon aus der Mitte des 19. Jahrhunderts überliefert. Vor allem die Dorfschullehrer wurden aktiv als Heimatkundler. 1862 fasste die in Sissach tagende Schullehrerkonferenz den Beschluss, jeder Lehrer solle für die schweizerische Schulausstellung vom nächsten Jahr «eine geschichtliche und ortsbeschreibende Heimatkunde» ausarbeiten.(2) Die Lehrer hatten in Natur, Geschichte und Lebensweise des Dorfes zu fahnden nach bürgerlichen Idealen wie «geistige und gemütliche Richtung, Spracheigentümlichkeiten, Vereinsleben, Spiele, Sinn für Gesang und Musik, Blumen und Gartenliebhabereien, Sparsamkeit, Zeitungen und Bücher, Einfluss von Kirche und Schule, Hilfeleistungen und Gemeinnützigkeit». Angestrebt wurde eine Art kulturhistorische Dokumentation des Fortschritts, ein Vergleich der «alten Sitten» mit den Errungenschaften der Gegenwart.

(1) Dominik Wunderlin: Chluri und Chirsi – Ein Beitrag zur Selbstdarstellung des Baselbiets, in: Baselbieter Heimatbuch 18, 1991, S. 41-54

(2) René Salathé: Dörfliche Identität im Spiegel der Baselbieter Heimatkunden des 19. und 20. Jahrhunderts, in: Baselbieter Heimatblätter 62, 1997, Nr. 1, S. 13-31

 

Zum Thema

Der Posamenterstreifen, 1905

Heimweberei in Anwil, 1965-1978

 
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