Ergänzender Artikel zu:
Elektrifizierung und Selbsthilfe

Weibliche Öffentlichkeit

Ob beim Waschen oder Wasserholen am Brunnen, ob beim gemeinsamen Sockenstricken oder an Versammlungen des Frauenvereins: Bei solchen Gelegenheiten tauschten im 19. Jahrhundert die Frauen eines Dorfes Informationen und Meinungen aus, entwickelten sie ihre Vorstellungen und verschafften ihren eigenen Normen Rückhalt. Bei solchen Gelegenheiten verständigten sich die Frauen aber auch über weitere Aktionen, mit denen sie ihre Interessen in die Männerwelt trugen. So erschien am 3. Juli 1880 in der Zeitung ‹Der Farnsburger Bote› eine Annonce: «Anna Breitenstein hat sich während ihrer 26-jährigen Amtstätigkeit als geschickte, treue, Ordnung und Reinlichkeit liebende Hebamme erwiesen», liessen die «Frauen Rickenbach’s» darin verlauten. Ihr öffentliches Zeugnis wandte sich gegen die aus ihrer Sicht «ehrenraubenden, verleumderischen Aussagen gewisser Leute», die der Hebamme Breitenstein die Schuld am Tod einer Kindbetterin geben wollten. Frauen waren zwar benachteiligt, trotzdem verfügten sie über eigene, spezifisch weibliche Kommunikations- und Einflusskanäle. Viele Frauen waren bereit, die politische Nebenrolle zu akzeptieren, welche ihnen die Männer zuschrieben. So dauerte es lange, bis die Frauen ihre Vereine in eigene Hände nahmen. Und als 1908 das revidierte Hebammengesetz die Möglichkeit einräumte, die Wahl der Geburtshelferin dem männlichen Gemeinderat zu übergeben, entschieden viele Frauenversammlungen in diesem Sinne und traten ihr einziges Wahlrecht ab.

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