Eine Tradition stirbt aus
Wertewandel nach 1970
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war durch ein starkes Wachstum geprägt, welches das Mensch-Umwelt-Verhältnis nachhaltig verändert hatte: Es wuchs einerseits die Bevölkerung, durch den langsam einsetzenden Wandel hin zur Konsumgesellschaft stiegen mit dem zunehmenden Wohlstand auch die Güterproduktion und der Ressourcenverbrauch, insbesondere der Verbrauch fossiler Energien. Auch die stärkere Verbreitung von Konsumgütern wie Kühlschrank und Waschmaschine sowie des Autos setzte in jener Zeit ein. In der Rückschau gelten die 1950er-Jahre jedoch auch als Zeit noch tragbarer Umweltbelastung, wollte doch das Bundesamt für Umweltschutz in den Achtziger Jahren die Grenzwerte für Luftschadstoffe auf den Ausstoss der Fünfziger Jahre festsetzen.(1) In den 1950er- und 1960er-Jahren wurde die Umweltsituation noch nicht als krisenhaft wahrgenommen, weil der Glaube an die technische Lösbarkeit ungebrochen war. Die 1970er- und 1980er-Jahre waren durch einen Wertewandel gekennzeichnet, der auch die Einstellung zur Umwelt radikal veränderte; das permanente Wachstum wurde allmählich in Frage gestellt. Bis in die 1990er-Jahre entwickelte sich die Umwelt zu einer wichtigen wirtschaftlichen und sozialen Alltagsfrage.
(1) Arne Andersen/Jakob Tanner: Die Gleichzeitigkeit von Sparsinn und Wegwerfmentalität. Die 1950er-Jahre als Auftakt zur Umweltkrise in der Gegenwart, in: Perlon, Petticoats und Pestizide, Basel 1994