Eine Tradition stirbt aus
Feste feiern
Der kulturelle Wandel der dörflichen Gesellschaft vollzog sich im 19. Jahrhundert eher als langsamer Übergang denn als Bruch. Obwohl sie seit den 1850er-Jahren zum Teil amtlicher Bewilligung unterlagen, lebten zahlreiche Formen von Heisch- und Lärmbräuchen weiter. Doch typische Bräuche gerieten bei Pfarrern und Lehrern zunehmend in Misskredit: als versteckte Bettelei oder rohe Bubenstreiche. Immer stärker konkurrenzierten bürgerliches Familiendenken und staatliche Sozialpolitik die dörflichen Bräuche. Am Heiligen Abend lärmten in vielen Oberbaselbieter Dörfern die «Nüünichlingler» durch die Gassen. Bereits 1855 aber begann der örtliche Frauenverein Gelterkinden an Weihnachten bedürftigen Kindern Kleidungsstücke und Zuckerzeug zu verteilen. In vielen Familien hatte der traditionelle «Göttiweggen» an Neujahr der häuslichen Bescherung Platz gemacht. Und in immer mehr Stuben glänzte am Ende des Jahrhunderts ein Weihnachtsbaum, wie er seit den 1820er-Jahren bei den wohlhabenderen Familien in der Stadt aufgekommen war.