Ergänzender Artikel zu:
Elektrifizierung und Selbsthilfe

Moralischer Appell

«Welch’ weite und reiche Arbeit harrt unser […] auf dem Gebiete der Greisenfürsorge», schrieb die Stiftung ‹Für das Alter›, welche am 15. Oktober 1919 in Liestal gegründet worden war, in einer ihrer Broschüren. «Nämlich da, wo es gilt, unsere Greise in ihrer Einsamkeit und Verlassenheit unser Wohlwollen fühlen zu lassen, dahin zu wirken, dass ihnen allerwärts die Beachtung und Pflege zuteil wird, deren sie mit zunehmendem Alter und wachsender Gebrechlichkeit immer mehr bedürfen, und ganz besonders überall die Anteilnahme an ihrem Leben und Ergehen und die Ehrfurcht ihnen gegenüber zu wecken und zu pflegen.» Die Ursache der Not alter Menschen erkannte die Stiftung nicht im Mangel an Altersasylen oder bei den modernen Arbeitsformen, sondern «in den Irrtümern und Verkehrtheiten unserer so gepriesenen Zivilisation, sowie im Fehlen einer richtigen Erziehung und Lebensführung».(1) Eine Antwort auf die Altersfrage sah sie denn auch weder in der Einrichtung einer Sozialversicherung noch im Bau von Altersheimen. Die Stiftung ‹Für das Alter› sah die Lösung allein darin, «die heiligen Gefühle des Menschen, die Würdigung des häuslichen Herdes und des Familienlebens wieder mehr zu Ehren gelangen» zu lassen. Mit diesem moralischen Appell war bestenfalls bei jenen etwas auszurichten, bei denen es an sozialer Verantwortung und an Familiensinn mangelte. Doch die Zahl derer, die weder Möglichkeiten noch Mittel hatten, um ihre Alten zu versorgen, nahm in der Zwischenkriegszeit laufend zu.

(1) Stiftung für das Alter: Wie helfen wir dem Alter, o.O. o.J. (ca. 1930), S. 6-7

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