Landhunger
Zustände im Spital
Weil die Gemeinden im Siechenhaus ein probates Mittel fanden, ihre Armen mit irgendeiner Begründung abzuschieben, bekam das Siechenhaus immer mehr den Anstrich eines Armenhauses. Was im Volksmund «dr Schpittel» hiess, war ein Käfig für Arme, Alte und Gebrechliche, halb Gefängnis halb Anstalt. Wer darin landete, war lebendigen Leibes begraben. Den Weg zu einer angemessenen Versorgung der Allerärmsten der Gesellschaft beschritt der Kanton Basel-Landschaft mit dem Bau des neuen Spitals zwischen 1851 und 1854. Doch lagen nach wie vor Arme, Alte, geistig und körperlich Behinderte und physisch Kranke in einem Haus nahe beieinander: Einer Zahl von etwa 400 Insassen stand ein Grüpplein von 11–15 Ordensschwestern als Pflegepersonal gegenüber. Das neue Haus war schon bald bis in die hintersten Räume belegt. Eine Trennung der verschiedenen Gruppen von Insassen war ein Ding der Unmöglichkeit. Vor allem die Kranken konnten nicht angemessen untergebracht und behandelt werden. Armeninspektor Martin Birmann schilderte die Zustände so: «Ihrer Viele sind Fremdlinge und haben sonst oft niemand, der sich um sie kümmert. Sie kommen in den Spital, werden verpflegt, sterben und werden theilnahmlos begraben. Aber wenn dann aus der Fremde noch eine arme Mutter zum Begräbnis kommt und am Grabe ihres einzigen braven Sohnes klagt – und man sich selber sagen muss: unter bessern Verhältnissen wäre dieser nach menschlichem Ermessen wohl nicht gestorben – wird da die Klage der Wittwe nicht zur durchdringenden Anklage gegen das Land?»(1)
(1) Hans Sutter: Aus der Geschichte des basellandschaftlichen Spitalwesens, in: Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft (Hg.): Neubau des Kantonsspitals in Liestal 1957-1964, Liestal 1966, S. 13