Ergänzender Artikel zu:
Zum Arbeiten in die Fabrik

Konflikte um die Disziplin

Der Wechsel von der Heim- zur Fabrikarbeit im 19. Jahrhundert verlief selten problemlos. Die Arbeiterinnen und Arbeiter brachten eingespielte soziale Verhaltensweisen mit in die Fabrik. Mütter oder Väter kleiner Kinder, die ihren Nachwuchs nicht in die Obhut von Verwandten oder Nachbarn geben konnten, nahmen diesen zur Arbeit mit. Frauen mit Haushaltspflichten kamen verspätet zur Arbeit, legten längere Mittagspausen ein oder gingen früher weg. Auch das Singen und Plaudern, das Scherzen und Festen verlegte sich von den Lichtstuben in die Fabrikhallen. Viele Arbeitende nahmen für sich in Anspruch, am Montag frei oder wie man schon damals sagte «blau» zu machen, um sich von den Strapazen eines festlichen Sonntags zu erholen oder dringende Haus- oder Gartenarbeiten zu verrichten. Im 19. Jahrhundert wurde eine lange und intensive Auseinandersetzung um die Fabrikdisziplin, um Fabrikordungen und Arbeitszeitkontrollen ausgetragen. Während die Unternehmer ihre Fabrikanlagen möglichst ohne Unterbrechungen auslasten wollten, verteidigten die Arbeiterinnen und Arbeiter ihr traditionelles soziales Verhalten, das auch Momente der Musse enthielt.(1) Einige Heimarbeiterfamilien dämpften die Veränderungen während einer Übergangsphase auch damit ab, dass die Männer als Rucksackbauern zwischen Wohn- und Arbeitsort pendelten, während der Rest der Familie daheim zu Land und Kleinvieh schaute. Andere Familien zogen es vor, ihren Wohnsitz in die Nähe der Fabrik zu verlegen.

(1) Rudolf Braun: Sozialer und kultureller Wandel in einem ländlichen Industriegebiet, Zürich 1965, S. 297-361

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