Die Akteure der Reformpolitik im ausgehenden 19. Jahrhundert
Staatsaufgaben
Ende des 20. Jahrhunderts waren Kindergärten eine Aufgabe des Staates. Dem war nicht immer so gewesen. Die Kinder in der Kleinkinderschule Neufeld in Frenkendorf beispielsweise wurden lange von einer privaten Einrichtung betreut. Die finanziellen Mittel für die bis 1966 einzigen Kindergärten Frenkendorfs stammten aus einer Stiftung, welche die Basler Fabrikantenfamilien Staehelin-Miville und Iselin-Merian geäufnet hatten. Die Inhaber der Florett-Spinnerei Ringwald im Schöntal bei Füllinsdorf waren daran interessiert, auch Mütter mit Betreuungspflichten zu beschäftigen. Deshalb gründete einer von ihnen, Markus Bölger, 1855 die erste Kleinkinderschule des Kantons. Das Unternehmen und ab 1884 die Stiftung der Fabrikantenfamilien kamen voll für die Kindergärten auf. Als Betreuerinnen gewannen sie Diakonissinnen, welche die drei- bis siebenjährigen Frenkendörfer Kinder praktisch für Gottes Lohn beaufsichtigten. 1952, vier Jahre bevor die Schöntaler «Floretti» ihren Betrieb wegen Absatzschwierigkeiten einstellte, trat die Firma die beiden Kindergärten an die Gemeinde ab. Das Beispiel lässt sich verallgemeinern: Viele soziale Aufgaben waren im 19. Jahrhundert eine Angelegenheit privater Initiative, karitativer Einrichtungen und kollektiver Selbsthilfe. Oft wurden sie aus wirtschaftlichem Interesse wahrgenommen. Der Sozialstaat, wie er sich Ende des 20. Jahrhunderts darstellte, musste sich zuerst herausbilden. Er war das Ergebnis langer und intensiver politischer Auseinandersetzungen, das neuerdings wieder umstritten ist.
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