Ergänzender Artikel zu:
Abspaltungen Richtung Mitte

Partikularistischer Unabhängigkeitswille

Die Träger der Bewegung gegen die Hochspannungsleitung in den 1920er-Jahren waren in den kleinbürgerlichen Schichten des oberen Baselbiets zu finden, vor allem bei den wirtschaftlich bedrohten Heimposamenterinnen und -posamentern, den Kleinbauern und den Gewerbetreibenden. Ihr Widerstand galt nicht nur dem konkreten Projekt, sondern dem durch die Leitung symbolisierten gesellschaftlichen Wandel. Die Hochspannungsleitung stand für moderne industrielle Produktionsformen und internationale Konkurrenz sowie für die Eingriffe des Sozial- und Interventionsstaates in den individuellen Interessenbereich. Beides nahmen viele Menschen im Oberbaselbiet als Bedrohung wahr. Dagegen verteidigten sie ein Idealbild von Produktions- und Lebensformen, das nur noch zum Teil mit ihrer Wirklichkeit übereinstimmte. Diese Abwehrhaltung bezeichnete der Historiker Ueli Bürgi 1984 als «partikularistischen Unabhängigkeitswillen». Dabei sei der hohe Stellenwert des kleinbürgerlichen Unabhängigkeitsgefühls wesentlich. Nicht nur ökonomische Selbständigkeit, sondern auch politische Handlungsfreiheit sei damit gemeint. In erster Linie richte sich der partikularistische Unabhängigkeitswille gegen jede Bestimmung von oben. Er beinhalte kleinbürgerliche Vorstellungen einer echten Demokratie, in der die Politik nach dem Willen der freien Individuen, das heisst von unten bestimmt werde. Gleichzeitig aber komme im Partikularismus auch die Ablehnung des Anderen und des Fremden zum Ausdruck.(1)

(1) Ueli Bürgi: Der Widerstand gegen die Hochspannungsleitung der Nordostschweizerischen Kraftwerke im Kanton Basel-Landschaft 1923-1925. Ländliche und kleinbürgerliche Opposition im bürgerlichen Staat, Lizentiatsarbeit Universität Basel 1984

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